Dr. Martin Huth: Investition in die Zukunft – Unser neuer „Babytherm“

Die Überschrift wirkt vielleicht etwas spröde, aber die Anschaffung des „Babytherm“ an der Goldberg-Klinik umschreibt sie ziemlich treffend, wie ich finde.

Die in unserer Klinik zur Welt gebrachten Babys sind ja quasi die personifizierte Zukunft. Die meisten von Ihnen brauchen erfreulicherweise hauptsächlich nur ihre Mama (und natürlich ein bisschen Papa und eine Hebamme). Nur wenigen Neugeborenen geht es nicht so gut, sie benötigen eine Erstversorgung im Notfall. Für sie ist der Babytherm angeschafft worden.

Investition stimmt auf jeden Fall, ein Hightech-Gerät wie der Babytherm ist ganz schön teuer.

Doch was verbirgt sich hinter der Bezeichnung „Babytherm“? Kurz gesagt handelt es sich um einen fahrbaren, möglichst optimierten Arbeitsplatz, an dem Hilfsmittel, Beatmungsgerät, Monitoring und Absaugung griffbereit gelagert bzw. einsatzbereit montiert sind. Das Kind liegt weich, ist von drei Seiten zugänglich und wird von oben und unten gewärmt. Arbeitshöhe und Beleuchtung sind rasch einstellbar.

Unser gesamtes Team hat die Anschaffung unterstützt. Trotzdem bedarf es manchmal besonderen Engagements, damit am Ende das Gerät einsatzbereit dasteht. Christina (Foto) hat alle Termine gemacht, sich um die Probestellungen gekümmert, alles ausgestattet und auch noch unsere Hebammen nach MPG eingewiesen.

Was kann man eigentlich tun, wenn es einem Neugeborenen schlecht geht. Meist war die Geburt stressig, die Umstellung auf eigene Atmung klappt nicht so recht, das Herz schlägt langsam. Jetzt müssen die Lungen belüftet werden.

Etwas sehr Erstaunliches wurde in den letzten Jahren wissenschaftlich belegt: Zur Beatmung bei Reanimation von Neugeborenen und zur Beatmung von nicht ausreichend selbst atmenden Neugeborenen wird normale Raumluft verwendet. Kein bisschen Sauerstoff dazu! Das kann ich als Anästhesist kaum glauben, dass Sauerstoff hier nicht gegen Sauerstoffmangel helfen soll, sondern im Gegenteil toxisch ist. Gibt man von Beginn an Sauerstoff, sterben mehr Neugeborene oder werden geschädigt.

Für das Vorgehen nach der Geburt gibt es Leitlinien, die die aktuellen Erkenntnisse in möglichst sinnvolle Handlungen umsetzt. Und helfen kann man den Kindern am besten, wenn man die Leitlinien nicht nur kennt, sondern sie anwenden kann, weil man sie geübt hat. Und noch besser: die Beteiligten arbeiten Hand in Hand im Team, weil sie es gemeinsam geübt haben. Gleiche Qualität mit wechselnden Partnern! Weil jeder seine Aufgaben kennt.

Ich konnte ein solches „Simulationstraining“ mit Zertifikat am Stups (Stuttgarter Pädiatrie-Simulator) einen ganzen Tag erfolgreich absolvieren. Eine  sehr hilfreiche und wertvolle Erfahrung. Das Training ist mit viel Aufwand verbunden, aber es schult auch Kommunikation, Stressbewältigung und eine positive Aufarbeitung mit Gewinn für zukünftige Situationen.

Die gleichen Leitlinien gelten auch für uns. Wir trainieren sie hier in der Goldberg-Klinik. Den ganz großen Aufwand können wir natürlich nicht betreiben. Wir haben eine Neugeborenenpuppe, an der wir sehr gut die wichtigsten Abläufe der ersten Minuten nach der Geburt immer wieder durchführen können. Seit einigen Jahren sind Frau Dr. Martina Reng und ich für diese Schulungen zuständig.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie in einer so simulierten Situation die Beteiligten sehr konzentriert bei der Sache sind und „echter“ Stress entsteht (weil es der Puppe ja gerade ans Leben geht).

Mit dem Babytherm und dem dazugehörigen Beatmungsgerät erweitert sich das Training: Die gleiche uns bekannte Leitlinie kann mit dem Beatmungsgerät am Babytherm optimaler umgesetzt werden, der neu eingerichtete Arbeitsplatz muss aber dafür allen bekannt sein und die Abläufe müssen eingeübt werden.

Das bisherige Vorgehen mit Ambu-Beutel kann jederzeit erforderlich werden, vorwiegend im Kreissaal – auch das wird weiterhin geübt.

Alle ärztlichen Mitarbeiter/innen der Gynäkologie und Anästhesie, alle Anästhesieschwestern und – pfleger sowie alle Hebammen sind verpflichtet, einmal im Jahr am Simulationstraining teilzunehmen (meist jeden letzten Mittwoch im Monat 15:30 – 16:30).

Gut trainiert haben wir weniger Angst vor solchen Notfällen mit Neugeborenen, die Abläufe werden im Ernstfall ruhiger und strukturierter – also unbedingt etwas, was wir haben und ausbauen wollen.

Jetzt noch besser – mit Babytherm!

 

Ansprechpartner

Dr. med. Martin Huth
Leitender Oberarzt Abteilung
Anästhesie & Intensivmedizin der Goldberg-Klinik
Leitung der Intensivstation, Medizingerätebeauftragter, Transfusionsbeauftragter

Telefon: +49 (9441) 702 4581
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